zuletzt bearbeitet 05.02.2005
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Glossar
Baschkiren
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Die Baschkiren sind ein
Turkvolk
im Süden des Uralgebirges. Nach der Volkszählung von 1989 gab
es in der
UdSSR 1.45 Mio. Baschkiren, davon 863.800 in der Baschkirischen
Republik, etwa 55.000 lebten im Orenburger Gebiet.
Die Vorfahren der Baschkiren, alttürkische Stämme, sind von
West-Sibirien nach Süd-Ural eingewandert und haben die dort
lebenden
finno-ugrische Stämme assimiliert oder verdrängt. Die Sprache
der
Baschkiren gehört zur türkischer Sprachenfamilie und hat
grosse
Ähnlichkeiten mit den Sprachen benachbarter Völker der
Tataren und der
Kasachen.
Nach der Eroberung von Kasan durch Zar Iwan IV. 1552 haben sich die
Baschkiren nach und nach unter die russische Herrschaft begeben. Die
Baschkiren haben vor allem Schutz vor ihren Feinden gesucht. Als sie
dann später von den russischen Siedlern und Behörden
bedrängt wurden
gab es bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts immer wieder
Aufstände.
Die Baschkiren wurden immer weiter von russischen und anderen Siedlern
verdrängt. Heute bilden sie beispielsweise in der Baschkirischen
Republik (offiziel seit 1992 Baschkortostan) eine Minderheit von
weniger als einem Viertel der Gesamtbevölkerung von etwa 4.109.000
Personen (Stand 2001). Ein grosser Teil der Baschkiren lebt in der
benachbarten Republik Tatarstan. Während der Sowjetzeit sind viele
Baschkiren in alle Regionen der UdSSR ausgewandert.
Traditionell bekennen sich die Baschkiren zum Islam sunnitischer
Richtung. Wie alle anderen Religionen ist auch der Islam während
der
Sowjetzeit bedrängt worden. Seit es in Russland wieder
Religionsfreiheit herrscht, gibt es Versuche den Islam bei den
Baschkiren wiederzubeleben. Andererseits gibt es heute anscheinend eine
starke christliche Mission unter den Baschkiren. Es würde mich
nicht
wundern wenn es auch mennonitische Baschkiren gibt.
Die Deutschen in Neu-Samara hatten vor allem Kontakt zu den
baschkirischen Dörfern am nördlichen Ufer des Tocks:
Nischneiljasowo,
Sredneiljasowo, Werchneiljasowo, Malojuldaschewo, Nowojuldaschewo,
Starojuldaschewo. Vor der Kollektivierung haben die Siedler in
Neu-Samara bei den Baschkiren Land gepachtet und sie als
Hilfskräfte
beschäftigt. Probleme gab es vor allem Anfang, weil die Baschkiren
bei
den Siedlern die Pferde klauten.
Als die Kolchosen vergrössert wurden, sind alle diese
baschkirische
Dörfer mit den deutschen zusammengefasst worden. So waren z.B.
Dolinsk
und Bogomasow mit Nischne-Iljasowo und Sredne-Iljasowo in einer
Kolchose, Werchne-Iljsowo mit Donskoj und Pleschanowo.
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Desjatine
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Ein altes, heute nicht
mehr
gebräuchliches, russisches Flächenmaß.
1 Desjatine = 1,092 ha
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Dorfschulze
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Der Dorfschulze war die
höchste Autorität im Dorf vor der Sowjetzeit. Er wurde vom
ganzen Dorf per Mehrheitsentscheidung gewählt und von den
staatlichen Stellen bestätigt. Die Selbstverwaltung der
Dorfgemeinschaft mit der Institution des Dorfschulzen wurde von den
Mennoniten schon kurz nach ihrer Ansiedlung in Russland praktiziert.
Theoretisch konnten auch russische Dörfer Dorfschulzen haben,
insbesondere nach der Angleichung des Rechtsstatus der deutschen und
russischen Einwohner des Reiches in den 1870-ern. Diese
Möglichkeit wurde aber von den russischen Dörfern wenig
ausgeübt.
Die Siedler in Neu Samara haben also diese Tradition aus den
Mutterkolonien mitgebracht. Der Dorfschulze hatte seine Kanzlei in
seinem Haus (das Amt des Dorfschulzen wurde ja neben dem eigentlichen
Beruf betrieben), wo auch die Dorfversammlungen stattfanden. Er
enthielt eine kleine Geldentschädigung und war von allen
Dorfarbeiten befreit. Dem Schulzen zur Seite standen zwei Polizisten,
der Sotskij und der Desjatnik, deren Dienste wurden aber in Neu Samara
nur selten in Anspruch genommen. Von dem Dorfschulzen wurde auch die
Dorfversammlung einberufen.
Das Amt des Dorfschulzen wurde schon kurz nach der Oktoberrevolution
abgeschaft und durch Selsowjets ersetzt.
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Kolchose
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Kurzwort für
Kollektiwnojo
Chosjajstwo = Kolektiwwirtschaft. Zusammenschluss von bäuerlichen
Einzelbetrieben zu einem Kollektivbetrieb, zuerst freiwillig, ab 1928
zwangsweise. Diejenige, die sich gegen die Wegnahme ihrer Güter
wehrten, sind nach Norden und Sibieren verschickt worden.
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Rayon
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Eine Verwaltungseinheit
unterhalb der Gebiet(Oblast)-Ebene in der ehemaligen UdSSR und im
heutigen Russland. Entpricht von der Fläche in etwa einem
Landkreis in
Deutschland, hat aber im Schnitt eine viel kleinere Bevölkerung.
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Orenburg
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Hauptstadt des
gleichnamigen
Gebiets. Die Stadt Orenburg wurde 1743 am Ufer des Urals
gegründet.
(zuvor gab es 2 andere vergebliche Versuche, unter anderem an der
Stelle wo heute Orsk liegt, daher kommt auch der Name: eine Burg
(Festung) am
Fluss Or). Die Stadt war von Anfang an als Handels- und
Verwaltungszentrum der
kasachischen Gebiete südlich des Flusses Ural geplant. Orenburg
wurde
Hauptstadt des Gouvernement Orenburg und blieb es bis 1920, wobei die
Grenzen des Gouvernement ständig wechselten. Von 1920 bis 1925 war
Orenburg Zentrum der Kasachischen Republik. Wie bei Orsk wurden auch
nach Orenburg während des Krieges Industriebetriebe verlegt. Als
in den
60-er Jahren in der Nähe Gas entdeckt wurde, entstand in Orenburg
eine
gasverarbeitende Industrie. Heute hat die Stadt etwa 600.000 Einwohner.
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Orsk
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Eine Stadt im Gebiet
Orenburg,
etwa 250 km östlich von Orenburg. Wurde 1735 auf dem linken Ufer
des
Fluss Urals an der Mündungsstelle des Flusses Or als Festung
Oernburgskaja gegründet. Ende des 19. Jahrhunderts begann ein
starkes
Wachstum von Orsk, das seit 1865 eine Stadt ist. Von 1871 bis 1912 hat
sich die Bevölkerung von 7.763 auf 21.185 vergrössert. Dieses
Wachstum
hat auch in der Sowjetzeit angehalten.
Während des Krieges von 1941 bis 1945 wurden nach Orsk viele
Industriebetriebe aus dem westlichen Teil der Sowjetunion verlegt,
zusammen mit einigen 10 Tausend Menschen. Beim Bau und Betrieb dieser
neuer Fabriken mussten sich auch die in die Trudarmee eingezogenen
Deutschen beteiligen, so ach auch die Neu-Samarer. Die Bevölkerung
hat
sich damit von 66.000 im Jahre 1939 auf 122.000 Personen
1946 verdoppelt.
Heute leben in Orsk 280.000 Menschen. Orsk ist ein bedeutendes
Industriezentrum und zweitgrösste Stadt im Orenburger Gebiet. 1989
lebten in Orsk, vor der Übersiedlungswelle nach Deutschland, 7.500
Deutsche.
www.orsk-adm.ru |
Selsowjet
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Wörtlich
übersetzt heißt Selsowjet (= Selskij Sowjet) Dorfrat. Die
Selsowjete wurden, zusammen mit dem übrigen Rätesystem, nach
der Oktoberrevolution eingeführt. Mit dem Namen wird sowohl die
admistrative Einheit, als auch das oberste Organ dieser Einheit,
bezeichnet. Der Selsowjet entspricht also in etwa der Landgemeinde in
Deutschland, insbesondere da die Selsowjets schon von Anfang an mehrere
Dörfer umfassten.
Eine gewisse Anzahl von Höfen stellt je einen Abgeordneten. Diese
Abgeordneten bilden den Selsowjet und wählen einen
Selsowjetvorsitzenden. Die Kandidaten wurden von der Leitung der
kommunistischen Parteiorganisation und der Kolchose vorgeschlagen. In
jedem Wahlkreis gab es nur einen Kandidaten. Man konnte nur für
oder gegen ihn stimmen. Außer den Parteileuten musste ein
gewisser Anteil von Parteilosen sein. Da die die Dorfbewohner sich
absprechen konnten, wenn sie jemanden nicht wählen wollten, konnte
es selten vorkommen, dass ein Kandidat nicht gewählt wurde, was
auf höheren Ebenen praktisch unmöglich war. Wichtige Leute,
wie z.B. der Kolchosevorsitzender, wurden von der Partei natürlich
trotzdem durchgesetzt. Die Abgeordneten tagten nur ein Paar mal im
Jahr. Nur der Selsowjetvorsitzender war von der sonstigen Arbeit
befreit und erfüllte die Verwaltungsaufgaben auf der
Selsowjetebene.
Diese Institution besaß aber sehr wenig Macht. Insbesondere wurde
sie durch das kleine Budget behindert. Die wirkliche Macht hatte der
Kolchosevorsitzender, da er über größere Geldmittel
verfügte. Die Territorien der Kolchosen und der Selsowjets
stimmten, insbesondere in späterer Zeit, überein. Somit
konnte der Selsowjetvorsitzender nicht mehrere Kolchosen gegeneinander
ausspielen. Über allem stand die kommunistische Partei. Auf der
Selsowjetebene in Gestalt des Parteivorsitzenden der Kolchose.
Die Siedlung Neu Samara war in drei Selsowjets mit Zentren in Podolsk,
Pleschanowo und Tockskoje-Bogomasowo aufgeteilt. Ob sie schon von
Anfang an die gleiche Ausdehnung hatten muss ich noch klären, ich
wäre für einen Hinweis sehr dankbar.
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Sorotschinsk
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Eine Stadt im Gebiet
Orenburg,
etwa 160 km westlich von Orenburg. Sorotschinsk wurde 1736 als Festung
Sorotschinskaja gegründet. Seit 1945 ist Sorotschinsk eine Stadt.
Es
hat heute 30.700 Einwohner (Stand 2001).
Die Bedeutung von Sorotschinsk für Neu-Samara liegt darin, dass
es, mit
einer Entfernung von etwa 60 km, der nächsgrössere Ort ist.
Kurz
bevor die Siedler nach Neu-Samara kamen wurde in Sorotschinsk im Jahre
1876 die Eisenbahn verlegt. Seitdem gibt es in Sorotschinsk einen
Bahnhof. Somit konnten die Neu-Samarer ihre Waren in Sorotschinsk
absetzen. Außerdem gab es in Sorotschinsk einen Markt wo man die
nötigen Gegenstände erwerben konnte. Bis zuletzt war eine
Fahrt nach
Sorotschinsk für die Kinder aus Neu-Samara ein
Erlebnis.
In den 60-ern gehörte Neu-Samara eine Zeitlang zum Sorotschinsker
Rajon.
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