English version | Plautdietsche Version | Von Dietrich Tissen und Nikolaj Tissen |
zuletzt bearbeitet 15.01.2005 |
Religiöse Ursprünge
Ohne die Kenntnis und Vermittlung der religiösen Hintergründe der taufgesinnten Mennonitenbewegung ist ihre Geschichte unverständlich und nicht nachvollziehbar. Die alleinige Betonung der säkularen bzw. trivialen Geschichtsinhalte würde zu einem unvollständigen Geschichtsbild führen. Angesichts dieser Tatsache ist das folgende Unterthema verfasst. Entstehung der mennonitischen taufgesinnten BewegungDie geistigen Wurzeln der Lehren der Taufgesinnten sind bis in die Zeit der Waldenser nachvollziehbar. Die Waldenser waren eine auf Petrus Waldus von Lyon zurückgehende Reformbewegung. Sie wurden 1184 aus der römisch-katholischen Kirche ausgeschlossen und seitdem mit allen Mitteln verfolgt worden. Um ihr Leben zu Retten, und was noch wichtiger war, ihren Grundsätzen treu bleiben zu können, mussten sie sich fortan verstecken und den Glauben im Geheimen praktizieren. Im diesem Sinne kann gesagt werden, dass die Waldenser die geistigen Väter der Reformation waren – sie traten durch ihr Handeln gegen die Monopolkirche Roms auf. Die Grundsätze der Waldenser, die auch bei den Taufgesinnten, wie auch speziell den Mennoniten, zu finden sind, sollen im Folgenden benannt werden: Für die geistigen Anhänger Waldes war die inspirierte Bibel die einzige Autorität in allen Lebensfragen. Sie betonten fernerhin die Keuschheit, nicht aber das Zölibat für Geistliche. Wichtig war vor allem auch die Verkündigung des reinen Evangeliums, so dass Wert auf Bibelübersetzung und Bibelkenntnis gelegt wurde. Zur Vollkommenheit des geistlichen Lebens gehörte auch die apostolische Armut nach Mt.19, 21.Die Zeit der eigentlichen Täufer jedoch beginnt parallel zu der deutschen Reformation. Dieser Beginn einer neuen Bewegung past nur zu gut in die Ereignisse der Reformationszeit. Jedoch schon vor dem Auftreten Dr. Martin Luthers hatten viele mutige Männer es gewagt der bis dahin alleinigen kirchlichen Macht, dem heiligen Stuhl in Rom, die Stirn zu bieten. Als Vertreter der Vorreformation seien hier vor allem John Wyclif und Johannes Hus zu nennen, deren geistige Vorläufer die schon oben genannten Waldenser waren. John Wyclif, 1330 in England geboren, zog entschieden gegen die Mißstände der Kirche zu Felde. Als Theologieprofessor kämpfte er gegen die Oberherrschaft des Papstes, den Zölibat, das Mönchtum, die Heiligenverehrung, die Lehre von der Transsubstantiation und gegen die Notwendigkeit der sogenannten Ohrenbeichte. Sein wichtigster Beitrag zur Vorreformation jedoch, war die Übersetzung der Bibel in die englische Sprache. Für ihn war die Heilige Schrift absolute Autorität vor aller mündlichen Tradition und Kirchlichkeit. Johannes Hus, 1369 in Böhmen gebürtig, studierte Theologie an der renommierten Universität in Prag. Im Jahr 1400 wird er als Priester geweiht. Vor allem durch die Schriften Wyclifs wird seine Haltung gegenüber der Katholischen Kirche geprägt. Hus spart nicht mit Kritik an kirchlichen Mißständen. Den Höhepunkt bildet der offene Widerstand gegen den Papst als dieser jedem hohen Ablaß in Aussicht stellt, der ihm im Kampf gegen den König von Neapel hilft. Dieser Widerstand bringt ihm 1410 den päpstlichen Bann ein. 1415 wird er in Konstanz öffentlich verbrannt. Das, was Wyclif in England war, wurde Hus für die Tschechen und auf weitere Sicht für den gesamten deutschen Sprachraum. Der entscheidende Bruch mit dem katholischen Kirchengefüge im deutschen Sprachraum geschieht jedoch erst mit dem Aufbegehren der Reformatoren Luther, Zwingli und Calvin. Mehr oder weniger unabhängig voneinander bringen sie den Stein der Reformation unaufhaltsam ins Rollen. Dr. Martin Luther, die alles entscheidende Person der Reformation der bis dahin zentralen Kirche, wurde 1483 in Eisleben geboren. Als einfacher Bergmannssohn studierte er 1501 – 05 die Freien Künste in Erfurt; 1505 tritt er aus Gewissensgründen ins Erfurter Kloster der Augustiner-Eremiten, 1507 wird er zum Priester geweiht, ab 1510 hält er Vorlesungen über Aristoteles an der Wittenberger Universität. Außerdem hält er Vorlesungen über biblische Bücher, wobei er zu einem neuen Verständnis der ›Gerechtigkeit Gottes‹ kam: Sie begnadige den Sünder, der sie im Glauben ergreife. Auf diese Erkenntnis stößt er beim Studium von Röm 1,17. Infolge der Propaganda des Ablaßpredigers Johann Tetzel rief Luther am 31.10.1517 in 95 Thesen zu einer Disputation über den Ablaß auf. Dies war der Beginn der Reformation, deren Verlauf Luther zu immer weitergehenden Schritten zwang: 1519 Leipziger Disputation, 1520 Verbrennung der päpstlichen Bannandrohungsbulle, 1521 auf dem Wormser Reichstag Ablehnung des Widerrufs seiner Schriften. Die Verhängung der Reichsacht in Worms blieb ohne Erfolg, da Friedrich III., der Weise, L. auf der Wartburg Asyl verschaffte. Hier übersetzte Luther das Neue Testament, das 1522 erschien. Luther bekämpfte die radikale Bewegung der Täufer unter der Führung Karlstadts ebenso wie den Humanismus des Erasmus von Rotterdam. Durch seine Haltung im Bauernkrieg (1525) verlor er das Ansehen weiter Kreise. Im selben Jahr heiratete er Katharina von Bora im bewußten Gegensatz zu Zölibat und Mönchsgelübden. 1525 – 30 errichtete Luther die Organisation der sächsischen Landeskirche. Hessen folgte dem Vorbild Sachsens. Die Schaffung eines evangelischen Gesangbuchs und die Übersetzung der gesamten Bibel (1522, Druck 1534) vervollständigten die geistliche Ausstattung der Landeskirchen. Der Gegensatz zu Zwingli in der Frage des Abendmahls, der durch das "Marburger Religionsgespräch" (1529) nicht beseitigt wurde, beschäftigte Luther in den folgenden Jahren. Den Schmalkaldischen Bund (1531) lehnte Luther wie alle politischen Machtansprüche ab. In den ›Schmalkaldischen Artikeln‹ formulierte er noch einmal seine Glaubensanschauungen in scharfem Gegensatz zur katholischen Kirche, ebenso wie in seiner letzten Schrift "Wider das Papsttum zu Rom, vom Teufel gestiftet" (1545). Martin Luther starb 1546 in seiner Geburtsstadt Eisleben. Eine nicht minder wichtige Persönlichkeit der Reformation im deutschen Sprachraum ist Ulrich (Huldrych) Zwingli. Der schweizer Reformator wird 1484 geboren. Seit 1506 ist er Pfarrer in Glarus, von 1516 Leutpriester in Einsiedeln, 1518 am Großmünster Zürich. Er wird besonders vom Humanisten Erasmus von Rotterdam beeinflußt. Geprägt durch Krankheit und beeindruckt von Martin Luther wendet er sich ab 1520 von Rom ab. Er verfasst 1522 eine Schrift gegen das Fastengebot. Nach der Zürcher Disputation kommt es 1523 zum Bruch mit dem Konstanzer Bischof: die Zürcher Reformation beginnt. Wie schon oben erwähnt geriet er mit seiner Abendmahlslehre (nur symbolische Gegenwart Christi) in Gegensatz zu Luther. Politisch war Zwingli für die Gewinnung der altgläubigen Kantone tätig. Er fiel im Kampf gegen diese in den sogenannten Kappeler Kriegen als Feldprediger der Zürcher Truppen im Jahre 1531 bei Kappel. Johannes Calvin ein weiterer Reformator wird 1509 in Noyon (Picardie) geboren. Calvin studierte Theologie und Rechtswissenschaft. 1534 mußte er von Paris nach Basel fliehen, wo 1535 sein Hauptwerk "Christianae religionis institutio" entstand. 1536 kommt er erstmalig nach Genf und setzte dort 1541 die von ihm entworfene Kirchenordnung durch. Die Strenge calvinischen Denkens führte zu zahlreichen Todesurteilen wegen Glaubensabweichungen, zum Beispiel an Michel Servet. 1558 gründet er die Universität in Genf, die besonders der theologischen Ausbildung der französischen Protestanten diente. Das theologische System von Calvin gipfelt in der Augustinus noch überbietenden Lehre von der doppelten Prädestination zu Heil oder Verdammnis. Daraus erwuchs das calvinische "Bewährungsstreben". Den Gottesdienst reinigte Calvin von allen biblisch nicht geforderten Formen. Calvin stirbt 1564 in Genf. Trotz dem Beginn einer neuen, evangelischen Phase bleibt einiges in den Wirren der Reformationszeit, trotz klarem biblischem Gebot, nach althergebrachten Kirchenbrauch. Der Fortgang der Entwicklung der mennonitischen taufgesinnten Bewegung ist an den Ereignissen im bereits durch Zwingli reformierten Zürich zu erkennen. Hier entsteht aufgrund der Überzeugung, dass die Reformation auf halbem Wege stehen geblieben sei, eine sogenannte ‚radikale Reformation‘. Sie fordern „eine Reformation auch des Lebens (Einbezug der Ethik)“.(2000 Jahre Kirchengeschichte, Band 3, S. 300). Trotz den, im Laufe der Reformation in Zürich durchgeführten Neuerungen, schreitet hier vielen der Reformationsprozess zu langsam fort. Der Täuferforscher F. Blanke nennt das Täufertum diesbezüglich „ein eigenwilliges Kind der Reformationsbewegung... „(Aus der Welt der Reformation, F. Blanke [S. 297]). Hier sei aber erwähnt das auch ausserhalb Zürichs Ansätze des Täufertums erkennbar sind. Der Kirchengeschichtler Prof. Armin Sierszyn führt Tirol, Mähren, Augsburg und Straßburg als weitere Schauplätze der Täuferbewegung auf.( 2000 Jahre Kirchengeschichte, Band 3, S. 300). Jedoch führt er weiter aus: „Die traditionelle Täuferforschung des 20. Jh. ortet den Ursprung des Täufertums im Bereich der Zürcher Reformation.“ (2000 Jahre Kirchengeschichte, Band 3, S. 296). Entscheidende Personen der Stadtzürcher Täuferbewegung sind Konrad Grebel (1498 – 1526) und Felix Manz (ca. 1500 – 1527), beide Zwinglis Freunde. Erste Gegensätze zwischen Zwingli und Grebel zeigen sich im Oktober 1523 bei einer offenen Disputation. Grebel fordert eine radikale liturgische Änderung, vor allem beim Abendmahl. Zwingli fürchtet einen Bürgerkrieg und eine Rekatholisierung und stimmt somit nicht zu. Grebel glaubt nun, dass Zwingli die Reformation verraten habe. Zusammen mit Felix Manz versucht Grebel nun den Rat Zürichs durch einen bibeltreueren zu ersetzen, der seine Forderungen realisieren würde. Dies scheitert jedoch am Widerstand Zwinglis. Im Laufe des Jahres 1524 entsteht um Grebel und Manz ein Gleichgesinntenkreis, zu denen auch Stumpf, Reublin und Brötli gehören. Es ist die Kleine Herde wie sie uns erstmals im Brief Grebels an Thomas Müntzer vor Augen geführt wird. Alle lehnen Zwinglis Kirche ab. In der wahren Kirche sollen nach Grebel „Taufe und Abendmahl im apostolischen Sinne geübt werden. Jede Erinnerung an götzendienerische Zusätze“ ist durch bewusste Schlichtheit zu vermeiden.“( 2000 Jahre Kirchengeschichte, Band 3, S. 308). Vor allem die radikale Kritik der Kindertaufe führt zum Eingreifen der Zürcher Regierung. Als wohl erstes „Täuferdokument“ kann der Brief Konrad Grebels an Thomas Müntzer angesehen werden. Grebel verfasste ihn im Namen von 20 Männern: „Aus der Beschreibung der Taufe und aus der Apostelgeschichte ... ziehen wir den Schluß, dass die Kindertaufe ein unsinniger, gotteslästerlicher Greuel ist wider die ganze Schrift...“ Anbetracht eines so scharfen Urteils behauptet der Anabaptisten-Spezialist Dr. William Estep „ ...,das die Erwachsenen-Glaubenstaufe die radikalste Handlung der Protestantischen Reformation gewesen sei“. Grebel fordert von Müntzer einen totalen Gewaltverzicht bei der Erreichung religiöser Ziele. Weiterhin lehnt er eine Beteiligung an politischen Abläufen ab und verwirft darüber hinaus den Dienst an der Waffe. Was Zwingli und Grebels nun trennt ist entscheidend: Grebel glaubt, im Gegensatz zu Zwingli, das die Heilige Schrift auch in äußeren Fragen, wie der Rituale, der Liturgie, der Leitung, der Kirchenverfassung und des Kirchenmodells wörtlich zu verstehen ist. Grebel ist somit der erste in Zürich, der einen Grundstein der evangelischen Freikirchen legt. Im Herbst des Jahres 1524 bricht der schon lange schwelende Konflikt offen aus. Die Frau Grebels bringt ein Kind zur Welt und auch die anderen Mitglieder aus Grebels Gleichgesinntenkreis bekommen Nachwuchs. Alle weigern sich die Säuglinge Taufen zu lassen. Hierauf verfasst Zwingli eine harte Anklageschrift gegen sie; er behauptet darin u.a.: „Wenn man es genauer betrachtet, kämpft ihr um nichtige Äußerlichkeiten.“ Da der Kreis um Grebels nicht einlenkt, tritt am 17. Januar 1525 der Rat der Stadt zusammen. Er beschließt: „Alle nichtgetauften Kinder sind innerhalb von acht Tagen zur Taufe zu bringen. Familien, die sich weigern, werden aus Zürich ausgewiesen.“(2000 Jahre Kirchengeschichte, Band 3, S. 311). Die Geburtsstunde des Täufertums schlägt vier Tage später: Am 21. Januar 1525 treffen sich die Freunde Grebels heimlich um die Wiedertaufe an dem Priester Blaurock zu vollziehen. Sie sind entschlossen Gott mehr zu gehorchen als den Menschen (Apg5, 29). In den darauffolgenden Tage werden Scharen von Männern und Frauen getauft. Hier entstand die älteste Freikirche im Protestantismus (F. Blanke). Da sich die Bewegung wie ein Feuer im Umland Zürich verbreitet sieht sich der Rat Zürich gezwungen gegen sie vorzugehen; viele ihrer Anführer werden umgehend gefangengesetzt. Und nun beginnt die Ausbreitung der Täufer, auch Anabaptisten genannt, in alle Himmelsrichtungen. Wenn sie in Zürich nicht geduldet werden, so wollen sie woanders ihren Grundsätzen getreu leben. Als erste Etappe der Zerstreuung seien Hallau bei Schaffhausen und St. Gallen, wo Grebel selber predigt, genannt. Doch auch die Grenze der schweizerischen Eidgenossen kann die neue Erkenntnis nicht aufhalten. In Waldshut am Rhein gewinnt Pfarrer Reublin, aus Grebel Gleichgesinntenkreis, Pfarrer Balthasar Hubmaier für das Täufertum. 1526/27 ist Augsburg der Mittelpunkt der deutschen Täufer. 1528 rückt Straßburg in den Mittelpunkt der Ereignisse. Hier entsteht durch die Arbeit von Reublin und Michael Sattler eine Brüdergemeinde. In folgender Zeit beginnen für die Wiedertäufer in Zürich starke Verfolgungen. Erster Blutzeuge der Täuferbewegung wurde Felix Manz im Jahr 1527. Jedoch geht es innerhalb der Täuferbewegung auch nicht ohne Auseinandersetzungen ab. In St. Gallen und Appenzell kommt es zu Verwirrungen, Schwärmereien und zu Wahnvorstellungen von ausschweifenden „Gläubigen“. Um sich von diesen „täuferischen Entgleisungen“ (A. Sierszyn) zu distanzieren, wird am 24. Februar 1527 in Schleitheim bei Schaffhausen eine Täufersynode einberufen. In der geheimen Zusammenkunft werden die sogenannten „Schleitheimer Artikel“ beschlossen. Sie enthalten folgendes (2000 Jahre Kirchengeschichte, Band 3, S. 328f) :
Mittelpunkt der Taufgesinnten bleiben in den 1530-er Jahren Augsburg und Straßburg. Doch auch in den deutschen katholischen Ländern werden die Täufer verfolgt. Legitimiert durch den Speyrer Reichstag (1529) wird das Ketzergericht zum Verhängnis vieler. „So werden insgesamt etwa 5000 bis 6000 Täufer durch Wasser und Feuer in den Tod getrieben“ (2000 Jahre Kirchengeschichte, Band 3, S. 331). Die Täuferbewegung am Niederrhein, den Niederlanden und in Norddeutschland geht auf den Täuferprediger Melchior Hoffmann (ca. 1500–1543), aus Schwäbisch Hall, zurück. Hoffmann, ein Laienprediger kämpft gegen die deutsche Reformation. Er sympathisiert mit Karlstadt, dem er 1529 in Kiel begegnet. Jedoch auch Hoffmann unterliegt einigen Irrtümern. Er hält sich für einen der zwei Zeugen aus Offenbarung Kap.11. Mittels der Bibel glaubt er das Jahr der Wiederkunft Christi berechnen zu können. Hoffmann fordert Glaubensfreiheit, strenge Heiligung, Glaubenstaufe und Gewaltlosigkeit. Vor allem in den Niederlanden, wo die Täufer grausam unterdrückt werden, gewinnt er eine große Zahl von Anhängern. „Melchior Hoffmann gehört als Vater des niederländischen Täufertums zu den friedlichen Täufern. Durch seine phantastische Endzeitlehre und seine abenteuerliche Gerichtsandrohung ist er aber mitverantwortlich für die norddeutsche Täufertragödie“( 2000 Jahre Kirchengeschichte, Band 3, S. 334). Wie tragisch die Fehlinterpretation des neuen Täufertums ausfallen kann, zeigt das „Reich zu Münster“. Jan Matthys aus den Niederlanden, einer der Extremen, die Christi Reich auf Erden aufbauen wollen, gelingt es eine Regierung aufzustellen und die Herrschaft über Münster zu ergreifen. Kurz vorher haben 1400 Gläubige die Wiedertaufe empfangen. Doch die aus der Stadt Vertriebenen wollen dies selbstverständlich nicht hinnehmen; Münster wird belagert. Bei einem Ausfall am Ostertag 1534 verliert Matthys sein Leben. Als sein Nachfolger läßt sich Jan Beuckelsen ernennen. Am 31. Mai läßt er sich als König der Welt ausrufen. 16 Monate hält sich die Stadt. Besonders zum Ende hin kommt es zu einer großen Hungersnot. Viele Frauen und Kinder, die die Stadt verlassen werden umgebracht. Erst am 25. Juni 1535 fällt Münster durch Verrat. Die Stadt ist fortan eine Hochburg des Katholizismus. Angesichts der Katastrophe zu Münster wenden sich viele Taufgesinnten entsetzt von den apokalyptischen Strömungen innerhalb des Täufertums ab. Und nun beginnt die Zeit der Mennoniten. Da die Bezeichnungen Wiedertäufer, Baptisten oder Anabaptisten negative Assoziationen angesichts des Täuferreiches zu Münster und der Rotte Thomas Müntzer hervorriefen, nannten die niederländischen Täufer sich seitdem nach einem ihrer Hauptlehrer Menno Simons (Geschichte der Alt-Evangelischen Mennoniten Brüderschaft in Russland, S. 1). Dass Menno Simons und seine Gleichgesinnten sich in jeder Hinsicht von den Münsterischen distanzieren, zeigt sich in folgender Aussage Simons‘: „Niemand soll mich mit Wahrheit beschuldigen, dass ich jemals in die Lehren der Münsterischen gewilligt, sondern ich habe vielmehr bis auf den heutigen Tag denselben heimlich und offenbar, sowohl mündlich als schriftlich, über mehr als siebenzehn Jahren widerstanden und dagegen gestritten. – Alle diejenigen, die das Kreuz Christi, wie die von Münster getan, von sich stoßen, des Herrn verachten, hingegen die weltlichen Lüste unter dem Schein eines guten Wesens wiederum ergreifen, solche erkenne wir nicht als unsere Brüder und Schwestern an“(Geschichte der Alt-Evangelischen Mennoniten Brüderschaft in Russland, S. 2). Dieses Zitat gibt auch die allgemeine Gesinnung der Mennoniten wieder. Dr. Karl Meusel bestätigt Simons‘ Verteidigung: „ ... Man kann deshalb auch nicht sagen, dass die Mennoniten von den Münsterschen abstammen...“(Kirchliches Handlexikon, Band 4, Seite 549). Die Zeit der Mennoniten beginnt somit durch die Sammlung der stillen niederländischen und norddeutschen Täufer durch Menno Simons in den 1530 Jahren. |