Religiöse
Ursprünge
Ohne die Kenntnis und
Vermittlung der religiösen Hintergründe der taufgesinnten
Mennonitenbewegung
ist ihre Geschichte unverständlich und nicht nachvollziehbar. Die
alleinige
Betonung der säkularen bzw. trivialen Geschichtsinhalte würde
zu einem
unvollständigen Geschichtsbild führen. Angesichts dieser
Tatsache ist
das
folgende Unterthema verfasst.
Entstehung
der mennonitischen
taufgesinnten Bewegung
Die geistigen Wurzeln der
Lehren der Taufgesinnten sind bis in die Zeit der Waldenser
nachvollziehbar.
Die Waldenser waren eine auf Petrus Waldus von Lyon zurückgehende
Reformbewegung. Sie wurden 1184
aus der
römisch-katholischen Kirche ausgeschlossen und seitdem mit allen
Mitteln
verfolgt worden. Um ihr Leben zu Retten, und was noch wichtiger war,
ihren
Grundsätzen
treu bleiben zu können, mussten sie sich fortan verstecken und den
Glauben im
Geheimen praktizieren. Im diesem Sinne kann gesagt werden,
dass die
Waldenser die geistigen Väter der Reformation waren – sie traten
durch
ihr
Handeln gegen die Monopolkirche Roms auf. Die Grundsätze der
Waldenser, die auch bei den Taufgesinnten, wie auch speziell den
Mennoniten, zu
finden sind, sollen im Folgenden benannt werden: Für die geistigen
Anhänger
Waldes war die inspirierte Bibel die einzige Autorität in allen
Lebensfragen.
Sie betonten fernerhin die Keuschheit,
nicht aber das Zölibat für Geistliche. Wichtig war vor allem
auch die
Verkündigung des reinen Evangeliums, so dass Wert auf
Bibelübersetzung
und
Bibelkenntnis gelegt wurde. Zur Vollkommenheit des geistlichen Lebens
gehörte
auch die apostolische Armut nach Mt.19, 21.
Die
Zeit der eigentlichen
Täufer jedoch beginnt parallel zu der deutschen Reformation.
Dieser
Beginn einer neuen
Bewegung past nur zu gut in die Ereignisse der Reformationszeit. Jedoch
schon
vor dem Auftreten Dr. Martin Luthers hatten viele mutige Männer es
gewagt der
bis dahin alleinigen kirchlichen Macht, dem heiligen Stuhl in Rom, die
Stirn zu
bieten. Als Vertreter der Vorreformation
seien hier vor allem John Wyclif und Johannes Hus zu nennen, deren
geistige
Vorläufer die schon oben genannten Waldenser waren.
John
Wyclif,
1330 in England geboren, zog entschieden gegen die Mißstände
der Kirche
zu
Felde. Als Theologieprofessor kämpfte er gegen die Oberherrschaft
des
Papstes,
den Zölibat, das Mönchtum, die Heiligenverehrung, die Lehre
von der
Transsubstantiation und gegen die Notwendigkeit der sogenannten
Ohrenbeichte.
Sein wichtigster Beitrag zur Vorreformation jedoch, war die
Übersetzung
der
Bibel in die englische Sprache. Für ihn war die Heilige Schrift
absolute
Autorität vor aller mündlichen Tradition und Kirchlichkeit.
Johannes
Hus,
1369 in Böhmen gebürtig, studierte Theologie an der
renommierten
Universität in
Prag. Im Jahr 1400 wird er als Priester geweiht. Vor allem durch die
Schriften
Wyclifs wird seine Haltung gegenüber der Katholischen Kirche
geprägt.
Hus spart
nicht mit Kritik an kirchlichen Mißständen. Den
Höhepunkt
bildet
der
offene
Widerstand gegen den Papst als dieser jedem hohen Ablaß in
Aussicht
stellt, der
ihm im Kampf gegen den König von Neapel hilft. Dieser Widerstand
bringt
ihm
1410 den päpstlichen Bann ein. 1415 wird er in Konstanz
öffentlich
verbrannt. Das, was Wyclif in England war, wurde Hus für die
Tschechen
und auf
weitere Sicht für den gesamten deutschen Sprachraum.
Der
entscheidende Bruch mit
dem katholischen Kirchengefüge im deutschen Sprachraum geschieht
jedoch
erst
mit dem Aufbegehren der Reformatoren Luther, Zwingli und Calvin. Mehr
oder weniger unabhängig
voneinander bringen sie den Stein der Reformation unaufhaltsam ins
Rollen.
Dr. Martin
Luther, die alles
entscheidende Person der Reformation der bis dahin zentralen Kirche,
wurde 1483
in Eisleben geboren. Als einfacher Bergmannssohn
studierte er 1501 – 05
die Freien Künste in Erfurt; 1505 tritt
er aus Gewissensgründen ins Erfurter Kloster der
Augustiner-Eremiten,
1507 wird
er zum Priester geweiht, ab 1510 hält er Vorlesungen über
Aristoteles
an der
Wittenberger Universität. Außerdem hält er Vorlesungen
über biblische
Bücher, wobei er zu einem neuen Verständnis
der ›Gerechtigkeit Gottes‹ kam: Sie begnadige den Sünder, der sie
im
Glauben
ergreife. Auf diese Erkenntnis stößt er beim Studium von
Röm 1,17.
Infolge der
Propaganda des Ablaßpredigers Johann Tetzel rief Luther am
31.10.1517
in 95 Thesen zu einer Disputation über den Ablaß auf. Dies
war der
Beginn der
Reformation, deren Verlauf Luther zu immer weitergehenden Schritten
zwang: 1519
Leipziger Disputation, 1520 Verbrennung der päpstlichen
Bannandrohungsbulle,
1521 auf dem Wormser Reichstag Ablehnung des Widerrufs seiner
Schriften. Die
Verhängung der Reichsacht in Worms blieb ohne Erfolg, da Friedrich
III., der
Weise, L. auf der Wartburg Asyl verschaffte. Hier übersetzte
Luther das
Neue
Testament, das 1522 erschien.
Luther
bekämpfte die radikale Bewegung der Täufer unter der
Führung Karlstadts
ebenso
wie den Humanismus des Erasmus von Rotterdam. Durch seine Haltung im
Bauernkrieg (1525) verlor er das Ansehen
weiter Kreise. Im selben Jahr heiratete er Katharina von Bora im
bewußten
Gegensatz zu Zölibat und
Mönchsgelübden. 1525 – 30 errichtete Luther die Organisation
der
sächsischen
Landeskirche. Hessen folgte dem Vorbild Sachsens. Die Schaffung eines
evangelischen Gesangbuchs und die Übersetzung der gesamten Bibel
(1522,
Druck 1534)
vervollständigten die geistliche Ausstattung der Landeskirchen.
Der
Gegensatz
zu Zwingli in der Frage des Abendmahls,
der durch das "Marburger Religionsgespräch" (1529) nicht beseitigt
wurde,
beschäftigte Luther in den folgenden Jahren. Den Schmalkaldischen
Bund
(1531)
lehnte Luther wie alle politischen Machtansprüche ab. In den
›Schmalkaldischen
Artikeln‹ formulierte er noch einmal seine Glaubensanschauungen in
scharfem
Gegensatz zur katholischen Kirche, ebenso wie in seiner letzten Schrift
"Wider
das Papsttum zu Rom, vom Teufel gestiftet" (1545). Martin Luther starb
1546 in
seiner Geburtsstadt Eisleben.
Eine
nicht minder wichtige Persönlichkeit der
Reformation im deutschen Sprachraum ist Ulrich
(Huldrych) Zwingli. Der schweizer
Reformator
wird 1484 geboren. Seit 1506
ist er Pfarrer in Glarus, von 1516 Leutpriester in Einsiedeln, 1518 am
Großmünster Zürich. Er wird besonders vom Humanisten
Erasmus von
Rotterdam
beeinflußt. Geprägt durch Krankheit und beeindruckt von
Martin Luther
wendet er
sich ab 1520 von Rom ab. Er verfasst 1522 eine Schrift gegen das
Fastengebot.
Nach der Zürcher Disputation kommt es 1523 zum Bruch mit dem
Konstanzer
Bischof: die Zürcher Reformation beginnt. Wie schon oben
erwähnt geriet
er mit
seiner Abendmahlslehre (nur symbolische Gegenwart Christi) in Gegensatz
zu
Luther. Politisch war Zwingli für die Gewinnung der
altgläubigen
Kantone tätig.
Er fiel im Kampf gegen diese in den sogenannten Kappeler Kriegen als
Feldprediger der Zürcher Truppen im Jahre 1531 bei Kappel.
Johannes Calvin ein
weiterer Reformator wird 1509
in Noyon (Picardie) geboren. Calvin
studierte Theologie und Rechtswissenschaft. 1534 mußte er von
Paris
nach Basel
fliehen, wo 1535 sein Hauptwerk "Christianae religionis institutio"
entstand.
1536 kommt er erstmalig nach Genf und setzte dort 1541 die von ihm
entworfene
Kirchenordnung durch. Die Strenge calvinischen Denkens führte zu
zahlreichen
Todesurteilen wegen Glaubensabweichungen, zum Beispiel an Michel
Servet. 1558
gründet er die Universität in Genf, die besonders der
theologischen
Ausbildung
der französischen Protestanten diente. Das theologische System
von Calvin gipfelt in der Augustinus
noch überbietenden Lehre von der doppelten Prädestination zu
Heil oder
Verdammnis. Daraus erwuchs das
calvinische "Bewährungsstreben". Den Gottesdienst reinigte Calvin
von
allen
biblisch nicht
geforderten Formen. Calvin stirbt 1564 in Genf.
Trotz
dem Beginn einer
neuen, evangelischen Phase bleibt einiges in den Wirren der
Reformationszeit,
trotz klarem biblischem Gebot, nach althergebrachten Kirchenbrauch.
Der Fortgang der Entwicklung der mennonitischen
taufgesinnten Bewegung ist an den Ereignissen im bereits durch Zwingli
reformierten Zürich zu erkennen. Hier entsteht aufgrund der
Überzeugung, dass
die Reformation auf halbem Wege stehen geblieben sei, eine sogenannte
‚radikale
Reformation‘. Sie fordern „eine Reformation auch des Lebens (Einbezug
der
Ethik)“.(2000 Jahre Kirchengeschichte, Band 3, S. 300).
Trotz den, im Laufe
der Reformation in Zürich
durchgeführten
Neuerungen, schreitet hier vielen der Reformationsprozess zu langsam
fort. Der
Täuferforscher F. Blanke nennt das Täufertum
diesbezüglich „ein
eigenwilliges
Kind der Reformationsbewegung... „(Aus der Welt der Reformation, F.
Blanke [S.
297]). Hier sei aber erwähnt das auch ausserhalb Zürichs
Ansätze des
Täufertums
erkennbar sind. Der Kirchengeschichtler Prof. Armin Sierszyn führt
Tirol,
Mähren, Augsburg und Straßburg als weitere Schauplätze
der
Täuferbewegung auf.(
2000 Jahre Kirchengeschichte, Band 3, S. 300). Jedoch führt er
weiter
aus: „Die
traditionelle Täuferforschung des 20. Jh. ortet den Ursprung des
Täufertums im
Bereich der Zürcher Reformation.“ (2000 Jahre Kirchengeschichte,
Band
3, S.
296).
Entscheidende Personen der
Stadtzürcher Täuferbewegung sind Konrad Grebel (1498 – 1526)
und Felix
Manz
(ca. 1500 – 1527), beide Zwinglis Freunde. Erste Gegensätze
zwischen
Zwingli
und Grebel zeigen sich im Oktober 1523 bei einer offenen Disputation.
Grebel
fordert eine radikale liturgische Änderung, vor allem beim
Abendmahl.
Zwingli
fürchtet einen Bürgerkrieg und eine Rekatholisierung und
stimmt somit
nicht zu.
Grebel glaubt nun, dass Zwingli die Reformation verraten habe. Zusammen
mit
Felix Manz versucht Grebel nun den Rat Zürichs durch einen
bibeltreueren
zu ersetzen, der seine Forderungen realisieren würde. Dies
scheitert
jedoch
am
Widerstand Zwinglis.
Im Laufe des Jahres 1524
entsteht um Grebel und Manz ein Gleichgesinntenkreis, zu denen auch
Stumpf,
Reublin und Brötli gehören. Es ist die Kleine Herde wie sie
uns
erstmals im
Brief Grebels an Thomas Müntzer vor Augen geführt wird. Alle
lehnen
Zwinglis
Kirche ab. In der wahren Kirche sollen nach Grebel „Taufe und Abendmahl
im
apostolischen Sinne geübt werden. Jede Erinnerung an
götzendienerische
Zusätze“
ist durch bewusste Schlichtheit zu vermeiden.“( 2000 Jahre
Kirchengeschichte, Band 3, S. 308). Vor allem die radikale Kritik der
Kindertaufe führt zum Eingreifen der Zürcher Regierung. Als
wohl erstes
„Täuferdokument“ kann der Brief Konrad Grebels an Thomas
Müntzer
angesehen
werden. Grebel verfasste ihn im Namen von 20 Männern: „Aus der
Beschreibung der
Taufe und aus der Apostelgeschichte ... ziehen wir den Schluß,
dass die
Kindertaufe ein unsinniger, gotteslästerlicher Greuel ist wider
die
ganze Schrift...“
Anbetracht eines so scharfen Urteils behauptet der
Anabaptisten-Spezialist Dr.
William Estep „ ...,das die Erwachsenen-Glaubenstaufe die radikalste
Handlung
der Protestantischen Reformation gewesen sei“. Grebel
fordert von
Müntzer einen totalen Gewaltverzicht bei der Erreichung
religiöser
Ziele.
Weiterhin lehnt er eine Beteiligung an politischen Abläufen ab und
verwirft
darüber hinaus den Dienst an der Waffe. Was Zwingli und Grebels
nun
trennt ist
entscheidend: Grebel glaubt, im Gegensatz zu Zwingli, das die Heilige
Schrift
auch in äußeren Fragen, wie der Rituale, der Liturgie, der
Leitung, der
Kirchenverfassung und des Kirchenmodells wörtlich zu verstehen
ist.
Grebel ist
somit der erste in Zürich, der einen Grundstein der evangelischen
Freikirchen legt.
Im Herbst des Jahres 1524
bricht der schon lange schwelende Konflikt offen aus. Die Frau Grebels
bringt
ein Kind zur Welt und auch die anderen Mitglieder aus Grebels
Gleichgesinntenkreis bekommen Nachwuchs. Alle weigern sich die
Säuglinge Taufen
zu lassen. Hierauf verfasst Zwingli eine harte Anklageschrift gegen
sie; er
behauptet darin u.a.: „Wenn man es genauer betrachtet, kämpft ihr
um
nichtige
Äußerlichkeiten.“ Da der Kreis um Grebels nicht einlenkt,
tritt am 17.
Januar 1525 der Rat der Stadt zusammen. Er beschließt: „Alle
nichtgetauften
Kinder sind innerhalb von acht Tagen zur Taufe zu bringen. Familien,
die sich
weigern, werden aus Zürich ausgewiesen.“(2000 Jahre
Kirchengeschichte,
Band 3,
S. 311). Die Geburtsstunde des Täufertums schlägt vier Tage
später: Am
21.
Januar 1525 treffen sich die Freunde Grebels heimlich um die
Wiedertaufe an dem Priester
Blaurock
zu vollziehen. Sie sind entschlossen Gott mehr zu gehorchen als den
Menschen
(Apg5, 29). In den darauffolgenden Tage werden Scharen von Männern
und
Frauen
getauft. Hier entstand die älteste Freikirche im Protestantismus
(F.
Blanke).
Da sich die Bewegung wie ein Feuer im Umland Zürich verbreitet
sieht
sich der
Rat Zürich gezwungen gegen sie vorzugehen; viele ihrer
Anführer werden
umgehend
gefangengesetzt.
Und nun beginnt die
Ausbreitung der Täufer, auch
Anabaptisten genannt, in alle Himmelsrichtungen. Wenn sie in
Zürich
nicht
geduldet werden, so wollen sie woanders ihren Grundsätzen getreu
leben.
Als
erste Etappe der Zerstreuung seien Hallau bei Schaffhausen und St.
Gallen, wo Grebel selber predigt,
genannt. Doch auch die Grenze der schweizerischen Eidgenossen kann die
neue
Erkenntnis nicht aufhalten. In Waldshut am Rhein gewinnt Pfarrer
Reublin, aus
Grebel Gleichgesinntenkreis, Pfarrer Balthasar Hubmaier für das
Täufertum.
1526/27 ist Augsburg der Mittelpunkt der deutschen Täufer. 1528
rückt
Straßburg in den Mittelpunkt der
Ereignisse. Hier entsteht durch die Arbeit von Reublin und Michael
Sattler eine
Brüdergemeinde. In folgender Zeit beginnen für die
Wiedertäufer in
Zürich starke
Verfolgungen. Erster Blutzeuge der Täuferbewegung wurde Felix Manz
im
Jahr
1527.
Jedoch geht es
innerhalb der
Täuferbewegung auch nicht ohne
Auseinandersetzungen ab. In St. Gallen und Appenzell kommt es zu
Verwirrungen,
Schwärmereien und zu Wahnvorstellungen von ausschweifenden
„Gläubigen“.
Um sich
von diesen „täuferischen Entgleisungen“ (A. Sierszyn) zu
distanzieren,
wird am
24. Februar 1527 in Schleitheim bei Schaffhausen eine Täufersynode
einberufen.
In der geheimen Zusammenkunft werden die sogenannten „Schleitheimer
Artikel“
beschlossen. Sie enthalten folgendes (2000 Jahre Kirchengeschichte,
Band 3, S.
328f) :
- Die
Taufe soll nur an mündigen Gläubigen vollzogen werden
- Gläubige
Getaufte sollen bei Vergehen mit Bann und Kirchenzucht belegt werden
- Das
Abendmahl ist ein symbolisches Gedächtnismahl nur für
Gläubige
- Gläubige
fliehen der Welt. Sie sondern sich ab auch von der katholischen
Kirchenpraxis
- Der
Hirtendienst der Gemeinde ist in 1.Tim 3, 7 festgelegt. Die Hirten
leiten den
Gottesdienst (auch ohne akademische Ausbildung)
- Das
Schwert ist Sache der weltlichen Regierung. Christen bekleiden keine
politischen Ämter
- Christen
dürfen nicht schwören.
Die
von Michael Sattler verfasste Bekenntnisschrift verbreitet sich rasch
und wird zur Grundlage für das Täufertum.
Mittelpunkt der
Taufgesinnten
bleiben in den 1530-er Jahren Augsburg und Straßburg. Doch auch
in den
deutschen
katholischen Ländern werden die Täufer verfolgt. Legitimiert
durch den
Speyrer
Reichstag (1529) wird das Ketzergericht zum Verhängnis vieler. „So
werden
insgesamt etwa 5000 bis 6000 Täufer durch Wasser und Feuer in den
Tod
getrieben“ (2000 Jahre Kirchengeschichte, Band 3, S. 331).
Die Täuferbewegung am
Niederrhein, den Niederlanden und in Norddeutschland geht auf den
Täuferprediger
Melchior Hoffmann (ca. 1500–1543), aus Schwäbisch Hall,
zurück.
Hoffmann, ein
Laienprediger kämpft gegen die deutsche Reformation. Er
sympathisiert
mit
Karlstadt, dem er 1529 in Kiel begegnet. Jedoch auch Hoffmann
unterliegt
einigen Irrtümern. Er hält sich für einen der zwei
Zeugen aus
Offenbarung
Kap.11. Mittels der Bibel glaubt er das Jahr der Wiederkunft Christi
berechnen
zu können. Hoffmann fordert Glaubensfreiheit, strenge Heiligung,
Glaubenstaufe
und Gewaltlosigkeit. Vor allem in den Niederlanden, wo die Täufer
grausam
unterdrückt werden, gewinnt er eine große Zahl von
Anhängern. „Melchior
Hoffmann gehört als Vater des niederländischen
Täufertums zu den
friedlichen
Täufern. Durch seine phantastische Endzeitlehre und seine
abenteuerliche
Gerichtsandrohung ist er aber mitverantwortlich für die
norddeutsche
Täufertragödie“( 2000 Jahre Kirchengeschichte, Band 3, S.
334).
Wie tragisch die
Fehlinterpretation des neuen Täufertums ausfallen kann, zeigt das
„Reich zu
Münster“. Jan Matthys aus den
Niederlanden, einer der Extremen, die Christi Reich auf Erden aufbauen
wollen,
gelingt es eine Regierung aufzustellen und die Herrschaft über
Münster
zu
ergreifen. Kurz vorher haben 1400 Gläubige die Wiedertaufe
empfangen.
Doch die
aus der Stadt Vertriebenen wollen dies selbstverständlich nicht
hinnehmen;
Münster wird belagert. Bei einem Ausfall am Ostertag 1534 verliert
Matthys sein
Leben. Als sein Nachfolger läßt sich Jan Beuckelsen
ernennen. Am 31.
Mai läßt
er sich als König der Welt ausrufen. 16 Monate hält sich die
Stadt.
Besonders
zum Ende hin kommt es zu einer großen Hungersnot. Viele Frauen
und
Kinder, die
die Stadt verlassen werden umgebracht. Erst am 25. Juni 1535 fällt
Münster
durch Verrat. Die Stadt ist fortan eine Hochburg des Katholizismus.
Angesichts der Katastrophe
zu Münster wenden sich viele Taufgesinnten entsetzt von den
apokalyptischen
Strömungen innerhalb des Täufertums ab.
Und nun beginnt die
Zeit der
Mennoniten. Da die Bezeichnungen Wiedertäufer, Baptisten oder
Anabaptisten
negative Assoziationen angesichts des Täuferreiches zu
Münster und der
Rotte
Thomas Müntzer hervorriefen, nannten die niederländischen
Täufer sich
seitdem
nach einem ihrer Hauptlehrer Menno Simons (Geschichte der
Alt-Evangelischen
Mennoniten Brüderschaft in Russland, S. 1). Dass Menno Simons und
seine
Gleichgesinnten sich in jeder Hinsicht von den Münsterischen
distanzieren,
zeigt sich in folgender Aussage Simons‘: „Niemand soll mich mit
Wahrheit
beschuldigen, dass ich jemals in die Lehren der Münsterischen
gewilligt,
sondern ich habe vielmehr bis auf den heutigen Tag denselben heimlich
und
offenbar, sowohl mündlich als schriftlich, über mehr als
siebenzehn
Jahren
widerstanden und dagegen gestritten. – Alle diejenigen, die das Kreuz
Christi,
wie die von Münster getan, von sich stoßen, des Herrn
verachten,
hingegen die
weltlichen Lüste unter dem Schein eines guten Wesens wiederum
ergreifen, solche
erkenne wir nicht als unsere Brüder und Schwestern an“(Geschichte
der
Alt-Evangelischen Mennoniten Brüderschaft in Russland, S. 2).
Dieses
Zitat gibt
auch die allgemeine Gesinnung der Mennoniten wieder. Dr. Karl Meusel
bestätigt
Simons‘ Verteidigung: „ ... Man kann deshalb auch nicht sagen, dass die
Mennoniten von den Münsterschen abstammen...“(Kirchliches
Handlexikon,
Band 4,
Seite 549). Die Zeit der Mennoniten beginnt somit durch die Sammlung
der
stillen niederländischen und norddeutschen Täufer durch Menno
Simons in
den
1530 Jahren.