Der folgende Text ist schon vor längerer Zeit geschrieben worden. Seitdem hat
sich das Museum für russlanddeutsche Kulturgeschichte in Detmold stark
verändert. Langjährige Leiterin des Museums Dr. Katharina Neufeld,
mit der wir damals zu tun hatten, hat die Leitung mittlerweile abgegeben. Der Text soll
aber, als Erinnerung an die damalige Zeit, in dieser Form bestehen bleiben.
Über den aktuellen Stand des Museums kann man sich auf
russlanddeutsche.de informieren. Ein Besuch ist
sehr empfehlenswert.
aktuelles Photo
Am 5. Juni 2004 besuchten wir ( ich, Nikolaj und sein Freund Viktor
Bergmann) das Museum für russlanddeutsche Kulturgeschichte in
Detmold. Ich fuhr von Warendorf mit dem Zug, während Nikolaj und
sein Freund mit dem Auto nach Detmold kamen. Wir trafen uns dann in
Detmold am Bahnhof. Von dort fuhren wir gemeinsam zum Museum. Die
Adresse hatten wir vorher auf der Webseite des Museums erfahren. Das
Museum ist in einem Gebäude auf dem Gelände der Freien
Evangelischen Schule untergebracht. Wir wussten aber
nicht in welchem Gebäude genau. So haben wir erst das ganze
riesige Gelände der Schule abgesucht, bevor wir auf die Idee
kamen, jemanden zu fragen. Nach einem freundlichen Hinweis sind wir
schließlich zum Museum gelangt. Leider hatten wir Dr. Katharina
Neufeld, die Leiterin des Museums, verpasst, da sie zu dieser Zeit auf
einer Tagung in der Ukraine war. Sie wurde von einer anderen Frau
vertreten. Wir konnten uns aber trotzdem im Museum umsehen.
Der Raum, in dem sich das Museum befindet, ist relativ klein - nur etwa
100 qm groß. Er ist in 2 Hälften aufgeteilt. In der rechten
Hälfte befinden sich verschiedene Tafeln, Bilder, Karten und
Plastiken zur Geschichte der Russlanddeutschen. Es gib mehrere
Plastiken von Jakob Wedel die das Leben und den Leidensweg der
Russlandeutschen darstellen. Interessant fand ich die Tafeln über
die Familie von George K. Epp, von dem ich schon ein Buch über
Mennoniten gelesen und das ich hier auf der Webseite vorgestellt habe.
Sein Bruder Peter Epp wurde nach dem Krieg von den Sowjets verhaftet
und musste 10 Jahre in einem Arbeitslager in Solikamsk verbringen.
Damit war er von George getrennt. Viele Exponate haben Bezug zu Neu
Samara, so gibt es Zeichnungen, die von ehemaligen Neu-Samarern
erstellt sind und eine Tafel über einen Prediger aus Dolinsk.
Allgemein gibt es viele Ausstellungsstücke über Mennoniten und
Baptisten, ich würde sagen etwa die Hälfte. Wobei natürlich die
mennonitische Geschichte im Rahmen der gesamten russlanddeutschen Geschichte
dargestellt wird. Einen großen Teil der Ausstellung nimmt der Leidensweg
der Russlanddeutschen während der sowjetischen Herrschaft ein: die Trudarmee-
und die Kriegszeit, die religiösen Verfolgungen.
Die linke Hälfte ist wiederum aufgeteilt. Im vorderen Teil sind
Stellagen mit Büchern und der Arbeitsraum von Dr. Neufeld.
Soweit wir es feststellen konnten gibt es dort nahezu alle Bücher
die zur russlanddeutschen Geschichte publiziert wurden. Daneben gibt es
noch russische Lexika wie z.B. die "Große Sowjetische
Enzyklopädie" und russische Belletristik. Alle Bücher
werden in ein Katalog eingetragen, das konnten wir feststehlen, als wir
gefragt haben ob das Neu Samara Buch vorhanden ist. Im hinteren Teil
kann man dann Gegenstände der Alltagskultur der Russlanddeutschen
betrachten: Werkzeug, Modell von einem mennonitischen Hof in Kirgisien,
eine Krögeruhr von 1887, Modell von einem Ofen, Geschirr, einen
Eimer mit einer Schöpfkelle ("Schapptje") usw.
Das Gebäude in dem sich
das Museum befindet
Einige Bilder und Tafeln
Die Krögeruhr von ca. 1887 aus Rosental, Chortitza
Die Bücherregale
Später haben wir dann erfahren, dass Frau Neufeld auch aus Dolinsk
stammt und in ihrer Kindheit unsere Väter gekannt hat. Nachdem
wir Kontakt aufgenommen haben, hat uns Frau Neufeld den Besuch der
Wanderausstellung auf einem Museumshof in Rahden vorgeschlagen. Da in
dem russlanddeutschem Museum wenig Platz vorhanden ist, befinden sich
viele Exponate außerhalb des Museums, unter anderem auch auf
dieser Wanderausstellung.
So fuhren wir 2 Wochen später, am 19. Juni nach Rahden. Die
Wanderausstellung selbst nimmt nur einen kleinen Platz ein. Es war aber
trotzdem interessant über das Leben der Bauern in der Rahdener
Umgebung zu erfahren. So gibt es ein vollständig eingerichtetes
Bauernhaus mit allem was dazu gehört. Mein Cousin Nikolaj war
dabei etwas in Vorteil, da er einige Geräte noch aus seiner
Kindheit in Dolinsk kannte. Es gab auch einen Brotofen, so einen
ähnlichen wie der den unsere Großeltern in Dolinsk hatten.
Frau Neufeld war besonders von den Türklinken fasziniert, die es
auch in Dolinsk gab. Ich kann den Besuch des Museumshofs empfehlen,
wenn man in der Nähe wohnt. Ähnliche Museen gibt es aber
wahrscheinlich auch an anderen Orten.
Nach einem Mittagessen mit Borscht und Rollkuchen (Frau Neufeld hat den
Verkauf mit ihren 3 Helferinnen organisiert) konnten wir dann an einer
Führung durch die Wanderausstellung teilnehmen. Außer uns
gab es nur Leute die in Deutschland geboren und vermutlich nicht mit
der russlanddeutschen Geschichte vertraut sind. Frau Dr. Neufeld gab
dann eine kurze Einführung in die Geschichte der Deutschen in
Russland. Danach berichtete sie über die Mennoniten in Russland am
Beispiel der Siedlung Molotschna, die in diesem Jahr ihr
200-jähriges Jubiläum feierte. Es gab mehrere alte und neue
Photos von Molotschna. Interessant fanden wir die von Peter Wiens erstellte
Karte von heutigem Molotschna. Als Frau Neufeld am Beispiel von 2
ausgestellten Kleidern über die Kleidung der mennonitschen Frauen
erzählte, entspann sich eine rege Diskussion zwischen ihr und den
Besuchern. Besonderes Interesse zeigten die Besucher an der
Kopfbedeckung.
Nachdem die Führung beendet war und die anderen Besucher gegangen
waren, konnten wir mit Frau Neufeld sprechen. Das Gesprächsthema
war hauptsächlich das Mennonitentum. Sie konnte uns auch von ihrer
Arbeit als Museumsleiterin berichten.
Das Bauernhaus in Rahden wo die
Ausstellung untergebracht ist
Der Vortrag von Dr. Katharina
Neufeld
Mennonitische Kleidung
Das
russlanddeutsche Museum hat eine eigene
Webseite, dort kann man die
genaue Adresse erfahren. Vor der Fahrt ist es wohl besser sich zu
erkundigen, ob Frau Neufeld da ist. Von ihr wird für jeden
Besucher eine Führung angeboten, die sehr zu empfehlen ist.